Das Bauernopfer

DiePresse informiert uns soeben:
Georg Niedermühlbichler, Bundesgeschäftsführer und Wahlkampfleiter der SPÖ, zieht die Konsequenzen aus der Dirty Campaigning-Affäre um den ehemaligen SPÖ-Berater Tal Silberstein: Am Samstag gab er in einer eilig einberufenen Pressekonferenz in der Löwelstraße seinen Rücktritt bekannt. „Für mich ist wichtig, dass ich nicht an einem Sessel klebe“, begründete Niedermühlbichler seine Entscheidung. Zugleich betonte der 51-Jährige, nichts von den falschen Facebook-Gruppen Tal Silbersteins gewusst zu haben. Dennoch sei einer seiner Mitarbeiter involviert gewesen und dafür übernehme er die Verantwortung.
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Also zum mitschreiben: es gibt da einen SPÖ-Bundesgeschäftsführer und Wahlkampfleiter, der nix weiß, außer, daß er nicht an einem Sessel klebe (weil er vermutlich unter der Hand die Zusicherung bekam, nach kurzer Verdunkelungspause auf einem anderen, sicherlich gut gepolsterten Sessel Platz nehmen zu dürfen). Wer dieses Bild ansieht (und ein Bild sagt bekanntlich mehr als tausend Worte)


... der weiß zweierlei:

1. daß das angebliche Nicht-Wissen des Herrn Niedermühlbichler eine bloße Notlüge ist, um den akut gefährdeten SPÖ-Chef Kern aus der vordersten Schußlinie zu bringen, und (gerechterweise sei dies nicht verschwiegen)

2. daß diese üblen Sumpfblüten wohl nicht auf N.s Mist gewachsen sind; dazu wirkt er einfach zu bieder. Er hat's gewußt, und er hat's gedeckt — und beides ist übel genug, als daß man so einen Mann noch in entscheidender Position in der Politik haben möchte! Aber: spiritus rector war wer anderer!

Hier wird noch ein bisserl Aufklärungsarbeit zu leisten sein, ob es Gusenbauer war, dessen Kandidat beim Sturz Faymanns (der seinerzeit bekanntlich den unbeliebten Gusenbauer mit Hilfe der »Krone« gestürzt hatte) bekanntlich ... Kern hieß. Oder hat hier auch der österreichische Oligarch Haselsteiner mitgewirkt, der mit Gusenbauer (und überhaupt der roten Reichshälfte) mittlerweile schon glänzende Beziehungen pflegt und Geschäfte macht?

Zwei Wochen vor der Wahl den Kanzler-Kandidaten austauschen — das wird wohl nicht mehr funktionieren: jeder, der jetzt in die Bresche springt, unterschriebe sein politisches Todesurteil! Also wird sich die SPÖ jetzt auf ihre guten Beziehungen in der Sozialistischen Internationale besinnen, um nach Möglichkeit eine (durch dieses SPÖ-Desaster natürlich wahrscheinlichere) ÖVP-FPÖ-Koalition zu verhindern, nach der Wahl Kern blitzartig gegen Doskozil (oder einen genehmeren Politruk) tauschen, und die dann nicht mehr wirklich »große Koalition« der Systemparteien fortführen wollen.

Womit seitens der alten GroKo-Seilschaften in der ÖVP der Druck auf Kurz steigen wird, sich doch um Himmels willen nicht mit den »Schmuddelkindern« der FPÖ einzulassen (die könnten nämlich die gemütlich-profitable Filzokratie, die Österreich seit 1945 im Würgegriff hat, gefährden!), sondern lieber mit einem vernünftigen Mann wie Doskozil — oder wem auch immer, Hauptsache: ein Roter! — in der Regierung zu sitzen.

Und Kurz wird sich überzeugen lassen. Denn sein aktueller Slogan »Jetzt. Oder nie« bezieht sich nur auf seine Kanzlerschaft. Werte, Haltungen oder Überzeugungen waren und sind ihm ebenso fremd wie seiner künftigen Amtskollegin Merkel: er will einen Posten, auf dem er was »bewirken« kann. Für sich, wohlverstanden, und seine Machtposition.

Und insoweit ist — so unappetitlich all das, was jetzt aus der Kloake SPÖ herausrinnt, auch aussieht und riecht — die Welt bei der ÖVP keineswegs in Ordnung. Wobei die nicht uninteressante Frage, warum im TV-Duell mit Strache Kurz über seine eigene Bekanntschaft mit diesem Herrn Silberstein offensichtlich gelogen hat, von den Medien wohlweislich unter den Teppich gekehrt werden wird. Man will doch nicht riskieren, daß der Wähler sich über so viel SPÖVP-liche Desinformation und Untergriffigkeit angewidert ab- und der FPÖ zuwendet ...

Ein Sittenbild aus Österreichs Politik! Der Ruf, diese ganze korrupte Bagage wenn schon nicht an die Laternen der Ringstraße zu hängen, so doch wenigstens mit sprichwörtlichen nassen Fetzen davon zu jagen, dieser Ruf wird wohl lauter werden. Und — wäre es verwunderlich?



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