Studie über Pick-up-Artitsts (Verführungskünstler) erschienen

Vor wenigen Tagen hat die Fachzeitschrift PLOS One eine Studie über die sogenannten Pick-up-Artists (Verführungskünstler) veröffentlicht. Dabei handelt es sich um keine der gewohnten Pseudostudien, die von Anfang an zu dem Ergebnis führen sollen, dass von der politisch erwünschten Norm abweichende Männer eure Frauen und Töchter vergewaltigen werden, sondern eine ernstzunehmende wissenschaftliche Untersuchung. Noch dazu richtet sie, ungewöhnlich genug, ihre Aufmerksamkeit vor allem auf das "psychosoziale Wohlbefinden und die psychische Gesundheit" der in der Pick-up-Community vertrtenen Männer, statt Männer nur als potentielle Bedrohung zu untersuchen. Man kann deshalb mit Sicherheit davon ausgehen, dass sie anders als die reißerischen Pseudostudien, die speziell für unsere Medien und deren Bedürfnisse erstellt worden sind, von eben diesen Medien weitestgehend ignoriert werden wird.

Im Abstract, also in der Zusammenfassung dieser Studie heißt es:

In den letzten zehn Jahren ist eine länderübergreifende Gemeinschaft gleichgesinnter junger Männer entstanden, die allgemein als "Verführungsgemeinschaft" bekannt ist. Diese Gemeinschaft wird von professionellen "Pick-up-Artists " geleitet, die diesen jungen Männern eine Vielzahl von Techniken und Denkweisen beibringen, mit dem erklärten Ziel, ihren Erfolg bei Frauen zu verbessern.

Über die Männer, die an dieser Gemeinschaft teilnehmen, gibt es nur wenige Untersuchungen, und keine aus dem Blickwinkel der psychischen Gesundheit. Daher wird diese Studie von zwei spezifischen Zielen vorangetrieben, nämlich (i) die Gründe zu dokumentieren und zu verstehen, warum junge Männer sich der Verführungsgemeinschaft anschließen, und (ii) die Auswirkungen der Beteiligung an der Gemeinschaft auf das Leben der Teilnehmer zu dokumentieren und zu verstehen.

Um diese Ziele zu erreichen, haben wir eine induktive, qualitative Methodik verwendet, die einen großen Spielraum für das Entstehen von Bottom-up-Verständnissen bietet. Insbesondere rekrutierten wir junge Männer, die sich an der Verführungsgemeinschaft beteiligen, für ein ausführliches qualitatives Interview (N = 34), um die selbstberichteten Motive und Auswirkungen zu untersuchen. Die Interviews wurden durch längere Beobachtungen der Teilnehmer ergänzt, und die Daten wurden mit Techniken der Inhaltsanalyse analysiert.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Männer oft in die Gemeinschaft eintreten, um eine Reihe von psychosozialen Defiziten zu beheben, und dass die Beteiligung an der Gemeinschaft den Teilnehmern erfolgreich zahlreiche geschätzte soziale und kommunikative Fähigkeiten vermittelt. Die Gemeinschaft scheint eine Lücke zu füllen, indem sie jungen (oft eingewanderten) Männern einen Ort der Hoffnung, der Gemeinschaft und des Lernens bietet.

(…) Interessanterweise ähneln einige der Praktiken, die in der Gemeinschaft allgemein gelehrt und angewendet werden, Aspekten der kognitiven Verhaltenstherapie und der Unterstützung durch Gleichaltrige im Bereich der psychischen Gesundheit. Dies könnte ihre offensichtliche Anziehungskraft erklären. Abschließend reflektieren wir über die Auswirkungen der Ergebnisse auf die offizielle Versorgung junger Männer mit psychischen Gesundheitsdiensten.


Im Fazit der Studie heißt es:

Die durschnittlichen Männer in der Verführungsgemeinschaft wurden von Teilen der Medien dämonisiert, was weitgehend auf die Aktivitäten einiger prominenter Pick-up-Ausbilder zurückzuführen ist. Die vorliegende Studie deckt jedoch viele Nuancen und große Komplexität bei den Gründen auf, warum sich Männer der Verführungsgemeinschaft anschließen, sowie die Auswirkungen, die diese Beteiligung auf sie hat. Am wichtigsten ist, dass die Studie zeigt, dass Männer der Gemeinschaft beitreten, um eine Reihe psychosozialer Defizite zu beheben, und dass die Beteiligung an der Gemeinschaft dazu beiträgt, den Teilnehmern eine Reihe von geschätzten sozialen und kommunikativen Fähigkeiten zu vermitteln. Dies schien besonders für Teilnehmer mit Migrationshintergrund, die in der Gemeinde überrepräsentiert sind, von Vorteil zu sein. Dennoch hat das Engagement in der Gemeinde eine dunkle Seite.

Die Natur verabscheut ein Vakuum. So kann es sein, dass junge Männer sich der Verführungsgemeinschaft anschließen, wenn es keine alternativen, auf Männer ausgerichteten und von Männern geführten Unterstützungen gibt, die ihnen den Übergang ins Erwachsenenalter erleichtern können. Daher besteht ein dringender Bedarf an neuen und maßgeschneiderten Initiativen (und begleitender Forschung) zur Verbesserung der psychischen Gesundheit und des Wohlbefindens junger Männer, die einige der in diesem Text identifizierten männerfreundlichen Ansätze ohne die schädlichen Praktiken und die Betonung von Sex und Verführung einbeziehen können. Solche Bemühungen können dazu beitragen, die oft ignorierten psychosozialen Probleme anzugehen, die eine wachsende Zahl junger Männer in unserer Gesellschaft plagen.


Offenlegung: Ich habe gemeinsam mit Maximilian Pütz bei Heyne drei Bücher aus dem Pick-up-Bereich veröffentlicht, "Der perfekte Eroberer", "Das Gesetz der Eroberung" sowie "Der Casanova-Code". Auch dieser Einsatz für Männer trägt dazu bei, dass mich einige radikale IdeologInnen zur Bedrohung erklären. Der Trick besteht hier wie in vergleichbaren Fällen darin, dass man nur über die auch in der Studie erwähnten Schattenseiten der Pick-up-Bewegung berichtet und so tut, als bestehe Pick-up nur aus dieser Schattenseite. Vergleichbar wäre das etwa damit, dass unsere Medien beim Thema Fußball allein und ausschließlich über Hooligans berichten würden. Eine ähnliche Medienstrategie findet man bekanntlich in der Berichterstattung über die Männerrechtsbewegung.

Kommentare