Die Regierung erklärt sich solidarisch mit der Ukraine und verspricht humanitäre Hilfe.

von LePenseur 
 
 
»Nur die FPÖ macht beim parlamentarischen Schulterschluss nicht mit«, empört sich DiePresse. Doch wenn der Regierungschef eines immerwährend neutralen Staates, wie Österreich laut Verfassung einer ist, sich mit einer Kriegspartei solidarisch erklärt, dann existiert die Neutralität einfach nicht mehr. Darüber zu entscheiden hat allerdings nicht der Bundeskanzler oder die Bundesregierung, sondern die Legislative mit entsprechenden qualifizierten Verfassungsmehrheiten, und — da es sich wohl um einen Grundsatz unserer Verfassung handelt (so wird uns wenigstens seit Jahrzehnten in Reden zum 26. Oktober mit Pathos erklärt) — nachdem dazu eine Volksabstimmung ihre Zustimmung gegeben hatte. Das konnte am 24.2.2022 wohl schwerlich bereits der Fall gewesen sein.

Wenn der grüe Vizekanzler Werner Hicks Kogler sodann mit Aplomb ins Plenum schmetterte: 
Gegen den „Angriffskrieg“ in der Ukraine müsse man mit „Politik, Diplomatie und Sanktionen“ vorgehen. „Es kann nicht Ziel der Neutralität sein, teilnahmslos zuzusehen.“
... dann sei ihm ins Stammbuch geschrieben: doch, genau das ist das Ziel der Neutralität. Zuzusehen, statt mitzumachen. Das schließt humanitäre Hilfeleistung nicht aus. Ebenso nicht die Nutzung diplo-matischer Kanäle, um Verhandlungen in Gang zu bringen. Aber alles, was darüber hinausgeht.

FPÖ-Chef Kickl verwies völlig richtig auf den chinesischen Militärstrategen Sunzi: »Wenn du nicht stark bist, sei klug« — und wenn auch unser Außen-schön-und-Innen-Kanzler Schmähammer vor der Kamera den Eindruck erwecken will, vor lauter Kraft fast nicht mehr laufen zu können — der Eindruck trügt. Der Pseudo-Reserveoffizier mit dubioser Donau-Uni-Titulatur hat sich nicht in seine Position gekämpft, sondern brav hochgedienert, als Adlatus und Kofferträger schwarzer Provinzpolitiker, und ist eigentlich nur durch Zufall in Kanzleramt gestolpert. Nein, das sind nicht die Kraftlackeln, die der Welt, wie der Wiener sagt, einen Hax'n ausreißen ...

Die Parlamentsdebatte war — abgesehen von den wohlbedachten Worten Kickls — von einer zum Fremdschämen geeigneten Kraftmeierei. Rehlein Pam-Joy Rendi schmetterte im Diskant die Losung: Neutralität bedeute nicht Gleichgültigkeit gegenüber einem eklatanten Bruch des Völkerrechts. Na, eh. 
 
Aber erstens: Österreich ist in den Konflikt nicht involviert. Und dann — wie Kickl schon anmerkte: 
In den vergangenen Jahren sei es sowohl auf russischer als auch auf NATO- bzw. EU-Seite zu schuldhaftem und provokativem Verhalten gekommen. Die Analysen der Regierungsspitze seien jedoch von „Eindimensionalität, Einseitigkeit und Parteilichkeit“ gekennzeichnet: „Das ist weder mutig noch neutral.“ Sanktionen seien der falsche, selbstschädigende Weg. Stattdessen müsse Österreich dazu aufrufen, die Waffen nieder-zulegen und an den Verhandlungstisch zurückzukehren. (DiePresse)
Wer sich nicht an seinen Brandreden berauschte, mußte wohl erkennen, daß das der klügere Vorschlag war. Etwas, was übrigens auch die Schweiz in vergleichbarer Weise macht. Ohne theatralische Reden und sinnlose Solidarisierungen.

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P.S.: als vor etwas mehr als 30 Jahren die USA eine Invasion in Panama machten, verzeichnen die Parlamentsprotokolle allerdings keine flammenden Appelle der Bundesregierung, diesem eklatanten Bruch des Völkerrechts »nicht teilnahmslos zusehen« zu wollen. Vielleicht lag das daran, daß damals Vranitzky Bundeskanzler war, der bekanntlich jenen, die Visionen hätten, den Besuch beim Psychiater empfahl. Kam mir damals — auch ich war einmal jünger und ungestümer! — etwas zu nüchtern vor. Aber angesichts der Kraftmeierei und hohldrehenden Kriegsrhetorik heutzutage kann ich nostalgische Sympathie dafür entwickeln ...



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