von LePenseur
... geboren am 29. Juni 1842 in Horowitz, Böhmen, starb heute vor hundert Jahren, also am 26. April 1924 zu Wien und war ein österreichischer Komponist, Organist und Pianist. Als Kind erblindet, wurde er bereits mit 23 Jahren kgl. hannoveranischer Kammerpianist, begleitete 1866 seinen (ebenfalls blinden) König Georg V nach der Besetzung Hannovers durch die Preußen nach Wien ins Exil, wo er als berühmter Pianist, dessen Kunstsinn und „plastische“ Spielkultur allseits gerühmt wurde, und als Organist wirkte und 1904 durch die Verleihung des Titels „k.u.k. Hoforganist“ ausgezeichnet wurde.
Als Komponist schuf er v.a. Klavier-, Orgel- und Kammermusik, oft in einem etwas an Johannes Brahms gemahnenden, edlen, klassisch-romantischen Stil, wie z.B. sein Klavierquintett in e-moll, op. 3 aus dem Jahr 1880, das durch die ungewöhnliche Besetzung Klavier, Violine, Batsche, Cello und Kontrabaß (die es mit dem ungleich berühmteren „Forellenquintett“ von Schubert teilt) ein dunkel-leuchtendes Flair verströmt:
Auch sein (regulär besetztes) Klavierquartett in C-dur, op. 6 aus 1893 besticht durch Klagschönheit und Ausdruckskraft:
Ein weiteres, heute fast vergessenes Juwel der Kammermusik ist sein Quintett für Klavier, Klarinette, Violine, Batsche und Cello, op. 11 (1900), das in beschwingter Melodieseligkeit eine Wiederentdeckung mehr als verdiente:
Auch seine Violinsonate op. 5 und die wunderbar sonore Violoncellosonate op. 7 sind kleine (oder nein: keineswegs kleine!) Meisterwerke, deren Fehlen auf den Konzertprogrammen unverständlich ist!
Im Gegensatz zu den meisten seiner Altersgenossen besitzen wir von Joseph Labor eine vergleichsweise gut hörbare Aufnahme aus 1921 (also des fast 80-jährigen!) mit einem Ausschnitt aus Beethovens Klaviersonate No. 7 in D-dur, op. 10 No. 3:
Die technisch natürlich unvollkommene Aufnahme gibt eine Ahnung, wie bewegend Josef Labor als Pianist in den Jahren seiner Blüte auf die Hörer gewirkt haben mußte.
Vielleicht fragt sich der eine oder andere Leser dieses Blogs jetzt (interessiert oder genervt ...), wie ich gerade auf die Idee kam, diesen heute weithin völlig vergessenen Künstler mit einem kleinen Gedenkartikel zu ehren ... nun, ein Zufall wollte es, daß ich vor einigen Wochen an einem kühlen Februartag bei einem Spaziergang an seinem kleinen Denkmal vis-à-vis des Wiener Konzerthauses vobeiging und feststellte, daß ich zwar von Josef Labor wußte, mir jedoch sein Todesjahr nicht bekannt war und fälschlich in der Zeit vor dem 1. Weltkrieg vermutet wurde.
Nein, vor hundert Jahren erst ist er, fast 82-jährig, in der Notzeit nach dem Weltkrieg verstorben.
Ein schöneres Denkmal als das obige aus Stein hat ihm einer seiner Freunde und Schüler, der Komponist Franz Schmidt, selbst schon schwerkrank und dem Tode nahend, gesetzt: im hinreißend schönen Variationen-Schlußsatz seines Quintetts für Klavier, Klarinette, Violine, Viola und Cello (also derselben Besetzung wie in Josef Labors op. 11, dessen Klarinettenkantilene des 2. Satzes das Thema entnommen ist) in A-dur aus 1938:
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