von LePenseur
Leider habe ich am 23. März dieses Jahres verabsäumt, auf das 160-Jahr-Jubiläum eines heute zwar fast vergessenen, aber durchaus hörenswerten dänischen Komponisten hinzuweisen:
Louis Glass
(23.3.1864 - 22.1.1936)
Doch, wie der Zufall so spielt: heute nach dem Mittagessen legte ich zufällig eine CD in meinen Player ... und es war eine mit der Symphonie No. 3 in D-dur, op. 30, die sogenannte »Wald-Symphonie«. Und was lese ich im Bokklet: ihre Uraufführung fand an einem 26. April statt ... leider nicht 1904 (dann hätten wir ein hübsches 120-Jahr-Jubiläum gehabt), sondern schon 1902. Macht nichts: dann spielen wir das Werk eben am 102-Jahr-Jubiläum seiner Première!
»Er komponierte sechs große, von César Franck und Anton Bruckner beeinflusste Programmsinfonien«, informiert uns Wikipedia ... nun gut, das kann man so sehen, wenn man will, obwohl ich von Bruckner nicht allzu viel darin höre (aber das wird unser Blog-Brucknerianer besser beurteilen können ...), und ehrlich gesagt auch von Franck kann ich nicht allzu viel bei ihm entdecken ...
Egal! Gehen wir's jetzt chronologisch an und beginnen daher mit seiner Symphonie No. 1 in E-dur, op. 17, auf dem Jahr 1894, einem recht jugendfrischen, aber noch nicht wirklich eigenständigen Werk des damals 30-jährigen Komponisten, gespielt vom Plovdiv Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Nayden Todorov:
Fünf Jahre später klingt die Symphonie No. 2 in c-moll, op. 28, schon deutlich charakteristischer. Hier wieder mit denselben Interpreten wie zuvor, zu denen sich im 3. Satz, Adagio, der Chor von Philippopolis hinzugesellt:
Während der Kopfsatz noch manchmal etwas akademisch rüberkommt, haben die folgenden Sätze doch schon ein eigenständiges Profil. Sehr originell das zwischen etwas vertrackter Polyphonie und prunkvollen Bläser und Orgelklängen changierende Finale. Demgegenüber ist die Symphonie No. 3 (zu der ich noch die Interpreten nachtragen möchte: das BBC Philharmonic unter Edward Downes) deutlich leichter zugänglich.
Die Symphonie No. 4 in e-moll, op. 43, aus dem Jahre 1911, ist wieder komplexer und moderner als die doch fast hochromantische Dritte. Hier erklingt sie wieder durch das Plovdiv Philharmonic Orchestra unter Nayden Todorov:
Sehr interessant ist auch die Symphonie No. 5 in C-dur, op. 57, die »Sinfonia Svastica«, bei der der gut konditionierte Deutsche natürlich gleich Gänsehaut bekommt ... aber nein, kein Grund: Louis Glass war kein Nazi-Komponist (denn die gab's 1919 noch nicht wirklich), sondern bezog sich auf das Swastika-Sonnen-Symbol der Veden:
Es spielt das Staatsorchester Rheinische Philharmonie unter Daniel Raiskin. Zu guter Letzt noch aus dem Jahr 1924 die Symphonie No. 6 in a-moll, op. 60, »Skjoldungeæt« (»Der Ursprung der Skioldinger«), mit dem Plovdiv Philharmonic Orchestra unter Nayden Todorov:
Dänische Geschichtsmythen, in für damals moderner Musiksprache, die manchmal an Gustav Holst oder den avantgardistischen Richard Strauss der Elektra-Zeit erinnert ...
Warum Louis Glass, so wie praktisch alle dänischen Komponisten dieser und der folgenden Generation, durch den (für mich nicht ganz nachvollziehbaren) internationalen Ruhm von Carl Nielsen um Anerkennung und Bekanntheit gebracht wurden, ist »angehörs« dieses vielschichtigen symphonischen Werks nicht ganz erklärlich: was haben die Symphonien von Carl Nielsen denn wirklich so großartig denen von Louis Glass (aber auch denen von Hakon Børresen, Ludolf Nielsen oder Rued Langgaard) voraus, daß nur sie allein den Ruhm des dänischen Musikschaffens ausmachen sollen? Es ist eine der vielen Ungereimtheiten der Musikgeschichte, die manche Komponisten auf Podeste stellt und andere ins Besenkammerl verräumt ...
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